Xtreme Weather Tours Blog

Verifikation eines Tornados, oder einer Funnel-Cloud

Kritischer Beitrag zu der teilweise hitzig geführte Diskussion bezüglich eines zuweilen stiefmütterlich behandelten Themas

Gepostet von Cyrill Steiger am 27. August 2016

Klar, wer will das nicht: der Mensch möchte Aussergewöhnliches sehen, erleben und davon berichten. Wir leben auch in einer Zeit und in einer durch Leistung definierte, konditionierte Gesellschaft, in der hervorragende Handlungen und eindrucksvolle Ereignisse und deren Erlebnisse, zu den Dingen gehören, die wir mit anderen teilen wollen. Daraus entsteht auch eine Abgrenzung zur Masse, zur Gemeinschaft und wir glauben (diesen Trugschluss), dass wir durch die individuelle Absonderung auch eine Art gesteigertes Selbstwertgefühl erfahren dürfen, auch hinsichtlich der eigenen Identität, nach welcher schliesslich jeder Mensch, teils sein ganzes Leben lang, sucht. Vermutlich hat ein besonders starker Neandertaler durch die Jagd eines noch grösseren Mammuts, in seiner Sippe ein viel höheres Ansehen gewonnen und er wurden noch keine Dopingkontrollen durchgeführt. Doping ist der pervertierte Versuch unserer Leistungsgesellschaft eine falsche Krone aufzusetzen und im Grunde in einer gewaltsamen Form das Ansehen (z.B. einer ganzen Nation) zu erzwingen. Diese vorgängig erwähnten Worte haben sehr viel mit den Inhalten und Botschaftsstrukturen insbesondere von Printmedien zu tun, die vor allem in der Boulevardpresse die oben erwähnte Abgrenzung durch sensationelle Meldungen zu erreichen versucht. Dort wird auch oft dem Wahrheitsgehalt in einem Beitrag nicht sonderlich, oder in einem ihm zustehenden Masse Rechnung getragen, was mich im Übrigen immer dazu veranlasst, die Bedingung zu stellen, Artikel über mich vorgängig gegenlesen zu wollen, damit ich das „Gut zum Druck“ erteilen kann und bei der Veröffentlichung nichts schief geht. Man könnte dies als Zensur bezeichnen; aus meiner Perspektive ist es aber jeweils eine Richtigstellung von Sachverhalten, die verdreht, verzerrt, oder übertrieben dramatisiert werden, um einer ansonsten gewöhnlichen, faden Meldung den Stempel des aussergewöhnlichen Ereignisses „auf’s Auge“ zu drücken. Ich habe schon zwei Interviews verweigert, weil aus einer harmlosen Begebenheit eine elfte biblische Plage gemacht werden wollte, die ich durch ein Zitat hätte bestätigen sollen. Dafür liess ich mich nicht missbrauchen, insbesondere auch deshalb, weil ich die Medien (ich war früher selber als Journalist tätig) in der Pflicht sehe die Gesellschaft wahrheitsgetreu zu informieren.

Natürlich ist die hier als Beispiel aufgeführte Blitzrate von 150 Blitzen pro Minute selten und für unsere Breitengrade sehr hoch: „Mega-Gewitter über der Schweiz“

http://www.blick.ch/news/schweiz/mega-gewitter-ueber-der-schweiz-150-blitze-pro-minute-zuckten-am-himmel-id3839662.html

http://www.blick.ch/news/schweiz/20000-blitze-ueber-der-schweiz-so-entstand-der-strobo-effekt-am-nachthimmel-id3838891.html

Aber solch hohe Blitzraten erlebt man in Italien regelmässig; und da wird nicht gleich ein Hype daraus gemacht.

Nun gibt es verschiedene Arten konischer Wolkenstrukturen am Himmel, aber nicht alle können als Tornado, oder als Funnelcloud, bzw. vortexartige Grosstromben identifiziert werden. Oft verwechselt man die sehr häufig vorkommenden und ähnlich aussehenden Strukturen von Fractus, oder Scoudclouds mit Funnelclouds . Im Juni 2016 wurde im deutschen WZ-Forum ein Thread zu diesem Thema veröffentlicht. Im Eröffnungsbeitrag ist eine Liste mit Merkmalen aufgeführt, nach welcher die Identifikation eines Funnelcloud, oder eines Tornados einfacher sein sollte.

http://www.wzforum.de/forum2/read.php?7,3219079

Tornado-Entstehung und Funnel-Bildung

geschrieben von: Yoda

Datum: 08. Juni 2016 20:36
Hallo zusammen,

Da es immer wieder leidenschaftlich geführte Diskussionen über den Zusammenhang zwischen „Funnel Clouds“ und Tornados gibt, hier eine kurze Zusammenfassung zur Entstehung von Tornados.

Schritt 1. Mesozyklone in der Höhe

Obwohl man seit Jahrzehnten weiss, dass die Rotation der Mesozyklone durch das Umorientieren horizontaler Rotation im Inflow der Zelle entsteht (einer der Gruende weshalb vertikale Windscherung wichtig ist), so kann dieser Prozess nicht die Entstehung von Tornados erklären. Warum? Der horizontale Wirbel (hier meine ich „Scherungs-Vorticity“), wird an der Flanke des Aufwindes in die vertikale gekippt, und bewegt sich damit vom Erdboden weg. Das „Kippen von Vorticity im Aufwind“, das ganz grundlegend die Aufwindrotation erklaert, kann also nicht Rotation am Erdboden erklären. Das wurde erstmals von Bob Davies-Jones in den 80ern überlegt und dann formal in den frühen 90ern und 2000ern mittels Simulationen und analytischen Modellen gezeigt. Da es darüber in den letzten Jahren unter Tornadoforschern immer noch Uneinigkeit gab, wurden in den letzten Jahren zahlreiche weitere Papers veröffentlicht, in denen demonstriert wurde, dass ein Tornado nicht durch das „Aufstellen“ horizontaler Rotation in einem Aufwind entstehen kann.

Schritt 2. Bodennahe Rotation

Um Rotation am Erdboden zu erlangen, eine Voraussetzung für die Entstehung von Tornados, benötigt man einen Abwind. Der Abwind kann, genau wie der Aufwind, horizontale Vorticity in die Vertikale kippen, und hat den Vorteil dass diese Rotation zum Boden transportiert wird–anders als im Aufwind, in dem beim „Aufstellen“ der Rotation selbige vom Boden wegtransportiert wird. Das hat eine interessante Folge: Die Luft, die die Rotation für Tornados beinhaltet ist kühle Outflow-Luft! Hier ein Video, das deutlich zeigt, wie die Wallcloud durch Outflow-Luft gefüttert wird:

[www.youtube.com]

Schritt 3: Konzentration der bodennahen Rotation

Nun ist die Frage, wie ein Tornado in der kühlen Outflow-Luft entstehen kann. Der Trick ist: starke, dynamische Hebung. Dynamisch heisst, dass die Luft keinen Auftrieb hat, also nicht „labil“ aufsteigt, sondern dass erzwungene Hebung stattfindet. Steigt die Luft vom Boden auf, hat man Konvergenz am Boden und entsprechend kann der Wirbel konzentriert werden. Das ist der Punkt, an dem die Mesozyklone oberhalb des Bodens (gefüttert v.a. von der horizontalen Vorticity im Inflow) ins Spiel kommt. Innerhalb der Mesozyklone ist der Luftdruck durch Zentrifugalkräfte reduziert. Das bedeutet, dass wir eine nach oben gerichtete Druckgradientkraft haben, die Luft aus dem Cold Pool dynamisch hebt. Je stärker die bodennahe Scherung, desto stärker die Mesozyklone und desto grösser dieser Druckgradient. Es hilft auch wenn die Umgebung möglichst feucht ist (hohe rel. Feuchte), denn dann verdunstet vergleichsweise wenig Niederschlag im Abwind und der Outflow ist nicht allzu kühl. Dadurch ist es einfacher für die Mesozyklone, diese Outflow-Luft zu heben.

Kurz zusammengefasst:

1. Die Mesozyklone in der Höhe entsteht durch das Kippen horizontaler Rotation (Scherungsvorticity) in die Vertikale

2. Bodennahe Rotation entsteht im Outflow

3. Der Outflow muss dynamisch (also nicht durch thermischen Auftrieb, sondern trotz Stabilität durch den Druckgradienten) von der Mesozyklone gehoben werden. Dadurch entsteht bodennah Konvergenz und der Wirbel kann intensiviert werden.

Die Implikation ist, dass sich der Wirbel nach oben ausbreitet. Auch dieses Ergebnis wurde in den letzten Jahren vielfach in Simulationen sowie in Radarmessungen beobachtet.

Der 3. Schritt ist der „failure point“– praktisch alle Superzellen haben bodennahe Rotation, nur ist es oft nicht möglich die meist zu kalte Outflow-Luft zu heben (es scheint übrigens, dass alle gescherten Stürme flache und schwache bodennahe Rotation besitzen!). Die bodennahe Rotation ist übrigens alles andere als stetig, sondern sie ist verbunden mit schmalen Bändern, die den Wirbel füttern (sog. „vorticity rivers“), welche ebenfalls unstetig sind (sog. „internal surges“). Hier eine Animation wie bodennahe Rotation in Simulationen aussieht:

[www.atmo.ttu.edu]

Ist der Outflow zu stark, werden diese Bänder zerrissen und der Zufluss von Vorticity in den Wirbel wird unterbrochen. Tornados hängen also sehr stark von den Outflow-Charakteristiken der Zelle ab.

Kondensation im Wirbel

Ist die Mesozyklone stark genug, um die Outflow-Luft zu heben, wird der Wirbel am Boden konzentriert, wodurch der Druck sinkt. Der stärkste Druckfall ist typischerweise direkt am Boden, wo der Wirbel auch am stärksten ist. Die Luft steigt rotierenderweise im Wirbel auf und da der Druck mit der Höhe abnimmt, kühlt sich die Luft ab und kondensiert an einem bestimmten Punkt (Hebungs-Kondensationsniveau). Da die Luft allerdings mit leicht reduziertem Druck am Boden gestartet ist, ist im Wirbel das HKN etwas tiefer als in der Umgebung und eine „Funnel Cloud“ entsteht. Oft beobachtet man bevor der Funnel sichtbar wird einen starken Abwind, der eine „Lücke“ in die Wolkenbasis frisst. Dieser Abwind („occlusion downdraft“) ist eine Folge der bodennahen Rotation, welche mit dem Druckdefizit verbunden ist. Man hat also eine nach unten gerichtete Druckgradient-Kraft, die für den Abwind sorgt. Meistens hat man zu diesem Zeitpunkt bereits einen intensiven Wirbel, der vom Boden bis in die Wolke reicht, auch wenn kaum ein Funnel zu sehen ist. Hier ein Paper dazu:

[journals.ametsoc.org]

Man sieht auch oft eine Staubwolke unterhalb des Funnels (falls genug Staub vorhanden ist). Während sich der Wirbel intensiviert, sinkt der Druck innerhalb des Wirbels mehr und mehr ab, und das Kondensationsniveau senkt sich ebenfalls weiter ab. Wie weit es sich absenkt hängt vom Druckdefizit im Wirbel ab sowie von der relativen Luftfeuchtigkeit im Outflow. Man härt Storm Chaser häufig „Touchdown“ ausrufen, wenn das Kondensationsniveau den Boden erreicht. Die Idee scheint hier zu sein, dass der Tornado nun “am Boden angekommen” ist. Offensichtlich ist das eine drastische Fehlinterpretation.

Bei Tornados, die nicht an Superzellen gekoppelt sind, wird die bodennahe Rotation nicht durch den Outflow der Zelle selbst erzeugt, sondern es existiert bereits eine Scherungslinie, entlang der (durch Scherungsinstabilität) Wirbel entstehen. Diese können dann, falls ein Aufwind oberhalb der Linie entsteht, konzentriert werden. Wieder steigt die Luft vom Boden in die Wolke auf, und die konzentrierte Rotation breitet sich nach oben aus, wie bei der Superzelle.

Also: Nach allem, was wir bisher wissen, entstehen Tornados „bottom-up“, die Rotation breitet sich also vom Boden nach oben aus. Das Kondensationsniveau im Wirbel hängt vom Druckdefizit sowie der Feuchte der Outflow-Luft zusammen.

 

 


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